§78

Auschwitz-Prozess Neubrandenburg

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"Kabisch, Brinkmann, Elfers - Entscheidung über Befangenheitsanträge steht aus"

14.05.2017

Den Nebenklägern ist das Gutachten, laut dem Hubert Zafke verhandlungsunfähig sein soll, bisher nicht bekannt. Von dem Ergebnis hätten sie abermals aus der Presse erfahren, erklären Thomas Walther und Cornelius Nestler in einer Pressemitteilung.

Die Entscheidung über die Befangenheitsanträge von Nebenklage und Staatsanwaltschaft steht indes weiterhin aus. Das Landgericht Neubrandenburg hatte die Meldung verbreitet, die Anträge seien "teilweise zurückgenommen" worden. Tatsächlich wurde lediglich ein Befangenheitsantrag zurückgenommen. Der betreffende Richter hatte sich für eine unsachgemäße Äußerung entschuldigt und erklärt, dass neuerliche Befangenheitsanträge gegen seine Richter-Kollegen nicht mehr als unbegründet zurückgewiesen werden könnten. Dies geht hervor aus der Dienstlichen Äußerung von Richter Kolb vom 20. April.

Zuvor hatte das Oberlandesgericht Rostock, das für den Landgerichtsbezirk zuständige Obergericht, die Neutralität und Objektivität der Berufsrichter der Schwurgerichtskammer in einem Beschluss vom 28. Februar in Zweifel gezogen. Eine Selbstablehnung als Richter wies Kabisch bereits in einer Verfügung vom 21. März entschieden zurück. Die vom Oberlandesgericht geäußerte Besorgnis der Befangenheit tat er als "private Äußerung" ab, wovon mitnichten die Rede sein kann.

Wir dokumentieren die Pressemitteilung der Nebenklage-Vertreter im Wortlaut:

"Das 5-Monats-Gutachten im Zafke-Verfahren ist da.

Als Nebenklägervertreter von Walter Plywaski und William Plywaski aus Boulder / USA nehmen wir zur Kenntnis, dass das Landgericht sich am Samstag 13.05.2017 um 17:45 per Email zu einer Eilmeldung veranlasst sah: „Die zwei Sachverständigen haben das Gutachten über die Verhandlungsfähigkeit des Angeklagten vorgelegt.“

Ergänzend ist anzumerken, dass exakt vor 5 Monaten der Auftrag zur Überprüfung der Verhandlungsfähigkeit des Angeklagten erfolgte und vor 17 Monaten erstmals Termine für eine Hauptverhandlung bestimmt und zugleich erstmals die Nebenkläger vom Verfahren ausgeschlossen wurden.

Entgegen der Eilmeldung ist uns das Gutachten aber bisher nicht zugesandt worden. Es bleibt bei der bisherigen Vorgehensweise des Gerichts, die Erstinformationen zu Verfahrensereignissen vom Pressesprecher vorab allein den Medien mitzuteilen. Die Nebenkläger erhalten Gutachten oder Beschlüsse erst Tage später per Briefpost.

Richtig ist, dass wir einen der Befangenheitsanträge vom 10.04.2017 gegen Richter am Landgericht Kolf am 10.05.2017 zurückgenommen haben. Dies war die angemessene Reaktion der Nebenkläger auf dessen Entschuldigung vom 20.04.2017 wegen einer verbalen Entgleisung in einem Gerichtsbeschluss vom November 2016, an welchem neben ihm Richterin Brinkmann und Richter Elfers beteiligt waren. Zudem hat er ausdrücklich erklärt, dass nach seiner Wertung die Befangenheitsanträge vom 10.04.2017 gegen seine Kollegen Vorsitzender Richter Kabisch sowie Richterin Brinkmann und Richter Elfers auf jeden Fall begründet seien und vom Gericht nicht mehr zurückgewiesen werden könnten.

Wir gehen davon aus, dass die zur Entscheidung über die Befangenheitsanträge berufenen Richter sich der zutreffenden Auffassung von Herrn Richter Kolf anschließen werden.

Die Nebenkläger warten nun auf Übersendung des Gutachtens und die dienstlichen Erklärungen der Richter Kabisch, Brinkmann und Elfers zu den gegen sie gerichteten Ablehnungsanträgen. Deren Reaktionen sind abzuwarten. Alle drei Richter sind aber seit einem Monat bis auf weiteres dienstunfähig erkrankt.

Rechtsanwalt Thomas Walther
Königstein

Professor Dr. Cornelius Nestler
Lindenberg"